Verfassung der Volksrepublik China
(Erste Mao-Verfassung)

vom 20. September 1954

aufgehoben durch die
Verfassung vom 17. Januar 1975
 

Präambel

Nach einem über hundertjährigen heldenhaften Kampf hat das chinesische Volk im Jahre 1949 unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas den glorreichen Sieg seiner Revolution gegen den Imperialismus, den Feudalismus und das bürokratische Kapital davongetragen. Es hat damit. einer langen geschichtlichen Periode der Unterdrückung und Versklavung ein Ende bereitet und die Volksrepublik China, die demokratische Diktatur des Volkes, geschaffen. Die Volksdemokratie der Volksrepublik China, d. h. die neue Demokrat4ie, gewährleistet unserem Land die Möglichkeit, auf friedlichem Wege Ausbeutung und Elend abzuschaffen und eine blühende und glückliche sozialistische Gesellschaft aufzubauen.

Zwischen der Gründung der Volksrepublik China und der Errichtung der sozialistischen Gesellschaft liegt eine Übergangsperiode, in welcher die Hauptaufgaben des Staates die stufenweise sozialistische Industrialisierung des Landes, die stufenweise Vollendung der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft, des Handwerks sowie der kapitalistischen Industrie und des kapitalistischen Handels sind. In den jüngst vergangenen Jahren hat unser Volk erfolgreich eine Reihe großartiger Kämpfe durchgeführt, welche unter anderem die Bodenreform, den Widerstand gegen die amerikanische Aggression und die Hilfe für das koreanische Volk, die Unterdrückung der Konterrevolution und die Wiederherstellung der nationalen Wirtschaft zum Ziel hatten. So wurden die notwendigen Voraussetzungen für einen planmäßigen Aufbau der Wirtschaft und für den stufenweisen Obergang zu einer sozialistischen Gesellschaft geschaffen.

Der Erste Nationale Volkskongreß der Volksrepublik China hat am 20. September 1954 in der Hauptstadt Peking auf seiner ersten Sitzung die Verfassung der Volksrepublik China feierlich angenommen. Dieser Verfassung ist das Gemeinsame Programm der Politischen Konsultativ-Konferenz des Chinesischen Volkes von 1949 zugrunde gelegt; sie ist eine Fortentwicklung des gemeinsamen Programms. In der vorliegenden Verfassung sind die Siege der Volksrevolution unseres Landes und die politischen und wirtschaftlichen Errungenschaften seit der Gründung der Volksrepublik China verankert; darüber hinaus spiegelt sie die grundlegenden Erfordernisse des Staates während der Übergangsperiode und das allgemeine Streben der Volksmassen nach dem Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft wider.

In dem großen Kampf um die Schaffung der Volksrepublik China hat das Volk unseres Landes aus den demokratischen Klassen, den demokratischen Parteien und Gruppen und den Volksorganisationen eine breite volksdemokratische Einheitsfront gebildet, an deren Spitze die Kommunistische Partei Chinas steht. Diese volksdemokratische Einheitsfront unseres Landes wird auch in Zukunft ihren Beitrag zur Mobilisierung und zum Zusammenschluß des Volkes für die Erfüllung der grundlegenden Aufgaben des Staates in der Obergangsperiode I und für den Kampf gegen die inneren und äußeren Feinde leisten.

Alle Nationalitäten unseres Landes sind in einer einzigen großen I Familie freier und gleichberechtigter Völker vereinigt. Diese Einigkeit wird sich, gestützt auf die wachsende Freundschaft und gegenseitige Hilfe aller Nationalitäten unseres Landes und gestützt auf den Kampf gegen Imperialismus, gegen die Volksfeinde innerhalb jeder dieser Nationalitäten, gegen Großmachtchauvinismus und lokalen Nationalismus unentwegt festigen. Beim Aufbau von Wirtschaft und Kultur wird der Staat die Bedürfnisse aller Nationalitäten und in Fragen der sozialistischen Umgestaltung die Besonderheiten ihrer Entwicklung in vollem Maße berücksichtigen.

Unser Land hat unzerstörbare Freundschaftsbeziehungen mit der großen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und den Ländern der Volksdemokratie hergestellt; mit jedem Tag festigt sich die Freundschaft zwischen dein Volk unseres Landes und den friedliebenden Völkern der ganzen Welt. Sie wird auch weiterhin wachsen und erstarken. Die von unserem Land betriebene Politik, diplomatische Beziehungen zu allen Ländern auf den Prinzipien der Gleichberechtigung, des gegenseitigen Vorteils, der gegenseitigen Achtung für die Souveränität und territoriale Integrität herzustellen und zu entwickeln, hat bereits Erfolge gezeitigt und wird auch in Zukunft konsequent durchgeführt werden. Auf internationalem Gebiet ist der Kampf für die erhabene Sache des Rechtsfriedens und des Fortschritts der Menschheit die unabänderliche Politik unseres Landes.

Kapitel I. Allgemeine Grundsätze.

Art. 1. Die Volksrepublik China ist ein volksdemokratischer Staat, geführt von der Arbeiterklasse und beruhend auf der Grundlage des Bündnisses der Arbeiter und Bauern.

Art. 2. Alle Macht in der Volksrepublik China geht vom Volk aus. Die Organe, durch die das Volk die Macht ausübt, sind der Nationale Volkskongreß und die Örtlichen Volkskongresse aller Stufen.

Der Nationale Volkskongreß, die Örtlichen Volkskongresse aller Stufen und die anderen Staatsorgane verwirklichen das Prinzip des demokratischen Zentralismus.

Art. 3. Die Volksrepublik China ist ein einheitlicher Nationalitätenstaat.

Alle Nationalitäten sind gleichberechtigt. Verboten sind Benachteiligung und Unterdrückung irgendeiner Nationalität; verboten sind Handlungen, welche die unverbrüchliche Einheit der Nationalitäten untergraben.

Alle Nationalitäten haben die Freiheit, ihre eigene Sprache und Schrift zu benutzen und zu entwickeln, und die Freiheit, ihre Sitten und Gebrauche zu bewilligen oder zu reformieren.

In allen Gebieten, in denen nationale Minderheiten geschlossen leben, wird Gebietsautonomie eingerichtet. Die national autonomen Gebiete sind unabtrennbare Bestandteile der Volksrepublik China.

Art. 4. Die Volksrepublik China gewährleistet, gestützt auf die Staatsorgane und die gesellschaftlichen Kräfte, die stufenweise Abschaffung des Ausbeutungssystems und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft durch sozialistische Industrialisierung und sozialistische Umgestaltung.

Art. 5. Gegenwärtig bestehen in der Volksrepublik China folgende Hauptformen des Eigentums an Produktionsmitteln: Staatseigentum, d. h. Volkseigentum; Genossenschaftseigentum d. h. kollektives Eigentum der Werktätigen; Eigentum der einzelnen Werktätigen; kapitalistisches Eigentum.

Art. 6. Der staatliche Sektor ist ein sozia1istisc:her Sektor der Wirtschaft, beruhend auf dem Volkseigentum. Er ist die führende Kraft in der nationalen Wirtschaft und die materielle Basis für die sozialistische Umgestaltung durch den Staat. Der Staat sichert der Entwicklung des staatlichen Wirtschaftssektors den Vorrang.

Die Bodenschätze, die Gewässer und die gesetzlich dem Staat gehörenden Waldungen, Brachland und anderen Rohstoffquellen gehören dem ganzen Volk.

Art. 7. Der genossenschaftliche Sektor ist ein sozialistischer Wirtschaftssektor, beruhend auf dem kollektiven Eigentum der werktätigen Massen, oder ein halbsozialistischer Wirtschaftssektor, beruhend auf teilweise kollektivem Eigentum der werktätigen Massen. Das teilweise kollektive Eigentum der werktätigen Massen ist eine Obergangsform, durch welche die Einzelbauern, die Einzelhandwerker und die anderen Einzelschaffenden auf den Weg des kollektiven Eigentums der werktätigen Massen geführt werden.

Der Staat schützt das Genossenschaftseigentum, fördert und lenkt die Entwicklung des genossenschaftlichen Sektors und unterstützt ihn, da er die Entwicklung der Produktionsgenossenschaft als den wichtigsten Faktor der Umwandlung der Einzelbauernwirtschaft und des Einzelhandwerks betrachtet.

Art. 8. Gemäß dem Gesetz schützt der Staat das Eigentumsrecht der Bauern auf Grund und Boden und auf andere Produktionsmittel.

Der Staat lenkt die Tätigkeit der Einzelbauern in der Richtung auf eine Steigerung der Produktion, hilft ihnen dabei und fördert ihre Vereinigung zu Produktions-, Einkaufs- und Absatz- sowie Kreditgenossenschaften auf Grundlage der Freiwilligkeit.

Gegenüber den Großbauernwirtschaften verfolgt der Staat die Politik, sie zu beschränken und allmählich abzuschaffen.

Art. 9. Gemäß dem Gesetz schützt der Staat das Recht auf Eigentum an Produktionsmitteln der Handwerker und anderer nicht in der Landwirtschaft tätigen Einzelschaffenden.

Der Staat lenkt die Bemühungen der Einzelhandwerker und anderer nicht in der Landwirtschaft tätigen Einzelschaffenden in die Richtung einer Verbesserung ihrer Arbeit, er hilft ihnen dabei und fördert ihre Vereinigung in Produktions-, sowie Einkaufs- und Absatzgenossenschaften auf der Grundlage der Freiwilligkeit.

Art. 10. Gemäß dem Gesetz schützt der Staat das Eigentum der Kapitalisten an Produktionsmitteln und anderen Kapitalsgütern.

Gegenüber der kapitalistischen Industrie und dem kapitalistischen Handel verfolgt der Staat eine Politik der Nutzung, der Einschränkung und der Umwandlung. Mit Hilfe einer Kontrolle seitens der staatlichen Verwaltungsorgane, mit Hilfe der Lenkung durch die staatliche Wirtschaft und der Überwachung durch die Werktätigen nutzt der Staat die positiven Seiten der kapitalistischen Industrie und des kapitalistischen Handels, die der nationalen Wohlfahrt und der Lebenshaltung des Volkes dienlich sind. beschränkt die negativen Seiten der kapitalistischen Industrie und des kapitalistischen Handels, die der nationalen Wohlfahrt und Lebenshaltung des Volkes abträglich sind, begünstigt und lenkt die Umwandlung der kapitalistischen Industrie und des kapitalistischen Handels in die verschiedenen Formen der staatskapitalistischen Wirtschaft, indem er stufenweise an Stelle des kapitalistischen Eigentums das Volkseigentum treten läßt.

Der Staat verbietet den Kapitalisten, die öffentlichen Interessen zu gefährden, die gesellschaftliche Wirtschaftsordnung zu stören oder den nationalen Wirtschaftsplan durch irgendeine Art ungesetzlicher Betätigung zu sabotieren.

Art. 11. Der Staat. schützt das Eigentumsrecht der Bürger auf rechtmäßiges Einkommen, Ersparnisse, Wohnhäuser und zum Lebensunterhalt notwendige Güter.

Art. 12. Der Staat schützt das gesetzliche Recht der Bürger, Privatbesitz zu erben.

Art. 13. Der Staat kann im öffentlichen Interesse Boden und andere Produktionsmittel sowohl in den Städten als auch auf dem Lande in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen kaufen, beschlagnahmen oder verstaatlichen.

Art. 14. Der Staat verbietet jedem, seinen Privatbesitz zur Schädigung öffentlicher Interessen zu benutzen.

Art. 15. Mittels der Wirtschaftsplanung lenkt der Staat die Entwicklung und Umwandlung der nationalen Wirtschaft, mit dem Ziel eines stetigen Wachstums der Produktivkräfte, hebt so den materiellen und kulturellen Lebensstandard des Volkes und festigt so die Unabhängigkeit und Sicherheit des Landes.

Art. 16. Die Arbeit ist für jeden arbeitsfähigen Bürger der Volksrepublik China eine Ehre. Bei ihrer Arbeit fördert der Staat die Initiative und die schöpferische Tätigkeit der Bürger.

Art. 17. Alle staatlichen Organe müssen sich auf die Volksmassen stützen, eine ständige enge Verbindung mit ihnen aufrechterhalten, ihre Meinung berücksichtigen und sich ihrer Kontrolle stellen.

Art. 18. Alle in den staatlichen Organen beschäftigten Funktionäre müssen den volksdemokratischen Einrichtungen treu sein, die Verfassung und das Gesetz achten und bestrebt sein, dem Volke zu dienen.

Art. 19. Die Volksrepublik China sichert die volksdemokratische Ordnung, bekämpft jede verräterische und konterrevolutionäre Tätigkeit und bestraft alle Verräter und Konterrevolutionäre.

Der Staat entzieht in Übereinstimmung mit dem Gesetz den feudalen Großgrundbesitzern und bürokratischen Kapitalisten für eine bestimmte Zeit die politischen Rechte; er gewährt ihnen zugleich eine Existenzmöglichkeit, um sie zu befähigen, sich auf Grund ihrer Arbeit in Bürger zu verwandeln, die von ihrer eigenen Arbeitskraft leben.

Art. 20. Die bewaffneten Streitkräfte der Volksrepublik China gehören dem Volke. Aufgabe der bewaffneten Streitkräfte sind der Schutz der Errungenschaften der Volksrevolution und des nationalen Aufbaus und die Verteidigung der Sicherheit, der territorialen Integrität und Souveränität des Landes.

Kapitel II. Staatsaufbau.

Abschnitt I. Der Nationale Volkskongreß.

Art. 21. Der Nationale Volkskongreß der Volksrepublik China ist das höchste Organ der Staatsmacht.

Art. 22. Der Nationale Volkskongreß ist das einzige Organ, das die gesetzgebende Gewalt des Staates ausübt.

Art. 23. Der Nationale Volkskongreß setzt sich aus Abgeordneten zusammen, die von den Provinzen, den Autonomen Gebieten, den regierungsunmittelbaren Städten; den bewaffneten Streitkräften und den im Ausland lebenden Chinesen gewählt werden.

Die Bestimmungen über die  Zahl der Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses und das Wahlverfahren, sowie die Anzahl der Vertreter und das Wahlverfahren für nationale Minderheiten sind im Wahlgesetz festgelegt.

Art. 24. Der Nationale Volkskongreß wird für die Dauer von vier Jahren gewählt.

Zwei Monate vor Ablauf der Amtszeit des Nationalen Volkskongresses muß der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses die Wahl der Abgeordneten zum nächsten Nationalen Volkskongreß abschließen. Sollten außergewöhnlichen Umstände eintreten, die Wahlen unmöglich machen, so kann die Amtszeit des Nationalen Volkskongresses bis zur ersten Sitzung des nächsten Nationalen Volkskongresses verlängert werden.

Art. 25. Der Nationale Volkskongreß tritt einmal jährlich zusammen und wird von Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses einberufen. Der Nationale Volkskongreß kann jederzeit einberufen werden, wenn der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses dies für notwendig erachtet oder wenn ein Fünftel der Abgeordneten einen entsprechenden Antrag stellt.

Art. 26. Der Nationale Volkskongreß wählt bei seinem Zusammentritt ein Präsidium, das seine Sitzungen leitet.

Art. 27. Der Nationale Volkskongreß hat folgende Befugnisse :
1. Verfassungsänderungen,
2. Verabschiedung von Gesetzen,
3. Überwachung der Durchführung der Verfassung,
4. Wahl des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden der Volksrepublik China,
5. Entscheidung über die Ernennung des Ministerpräsidenten auf Vorschlag des Vorsitzenden der Volksrepublik China und der Mitglieder des Staatsrates auf Vorschlag des Ministerpräsidenten,
6. Entscheidung über die Ernennung der stellvertretenden Vorsitzenden und der Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrates auf Vorschlag des Vorsitzenden der Volksrepublik China,
7. Wahl des Präsidenten des Obersten Volksgerichts,
8. Wahl des Generalstaatsanwalts der Obersten Volks-Staatsanwaltschaft,
9. Entscheidung über den nationalen Wirtschaftsplan,
10. Prüfung und Bestätigung des Staatshaushaltsplanes und des Rechenschaftsberichts,
11. Ratifizierung der Einteilung und der Grenzen der Provinzen, der Autonomen Gebiete und der regierungsunmittelbaren Städte,
12. Entscheidung über Amnestien,
13. Entscheidung über Fragen bezüglich Krieg und Frieden,
14. Ausübung aller anderen Befugnisse, die der Nationale Volkskongreß für erforderlich erachtet.

Art. 28. Der Nationale Volkskongreß hat das Recht, ihres Amtes zu entheben:
1. den Vorsitzenden und den Stellvertretenden Vorsitzenden der Volksrepublik China,
2. den Ministerpräsidenten und die stellvertretenden Ministerpräsidenten, die Minister, die Vorsitzenden der Ausschüsse und den Generalsekretär des Staatsrates,
3. die stellvertretenden Vorsitzenden und Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrates.
4. den Präsidenten des Obersten Volksgerichts,
5. den Generalstaatsanwalt der Obersten Volks-Staatsanwaltschaft.

Art. 29. Für Verfassungsänderungen ist eine Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses erforderlich.

Für Gesetze und andere Beschlüsse ist einfache Stimmenmehrheit aller Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses erforderlich.

Art. 30. Der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses ist das ständige Organ des Nationalen Volkskongresses.

Der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses setzt sich aus folgenden vom Nationalen Volkskongreß gewählten Mitgliedern zusammen:
    dem Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses,
    den stellvertretenden Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses,
    dem Generalsekretär,
    den Mitgliedern.

Art. 31. Der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses übt folgende Befugnisse aus:
1. Leitung der Wahl der Abgeordneten zum Nationalen Volkskongreß,
2. Einberufung der Sitzungen des Nationalen Volkskongresses,
3. Abgabe von Erklärungen zur Auslegung von Gesetzen,
4. Erlaß von Verordnungen,
5. Oberwachung der Arbeit des Staatsrates, des Obersten Volksgerichts und der Obersten Volks-Staatsanwaltschaft,
6. Aufhebung von Beschlüssen und Anordnungen des Staatsrates, soweit diese im Widerspruch zur Verfassung, zu Gesetzen oder Dekreten stehen,
7. Änderung und Aufhebung unzweckmäßiger Beschlüsse von Organen der Staatsmacht der Provinzen, der Autonomen Gebiete und der regierungsunmittelbaren Städte,
8. Entscheidung über die Ernennung und Abberufung der einzelnen stellvertretenden Ministerpräsidenten, von Ministern, Vorsitzenden der Ausschüsse und des Generalsekretärs des Staatsrates zwischen den Sitzungen des Nationalen Volkskongresses,
9. Ernennung und Abberufung der stellvertretenden Präsidenten des Obersten Volksgerichts sowie der Richter und Mitglieder des beratenden Komitees des Obersten Volksgerichts,
10. Ernennung und Abberufung des stellvertretenden Generalstaatsanwalts sowie der Staatsanwälte und Mitglieder des beratenden Komitees der Obersten Volks-Staatsanwaltschaft,
11. Entscheidung über die Ernennung und Abberufung der bevollmächtigten diplomatischen Vertreter im Ausland,
12. Entscheidung über die Ratifizierung und Aufhebung von Verträgen mit ausländischen Staaten.
13. Festsetzung militärischer, diplomatischer und anderer besonderer Titel und Range,
14. Schaffung von Orden, Medaillen und staatlichen Ehrentiteln und Entscheidung über deren Verleihung,
15. Entscheidung über Begnadigungen,
16. zwischen den Sitzungsperioden des Nationalen Volkskongresses Entscheidung über die Verkündung des Kriegszustandes im Falle eines bewaffneten Angriffes auf den Staat oder in Erfüllung internationaler, die gemeinsame Verteidigung gegen Aggression betreffender Vertragsverpflichtungen,
17. Entscheidung über eine Generalmobilmachung oder teilweise Mobilmachung,
18. Entscheidung über die Verhängung des Standrechts im ganzen Lande oder in einzelnen Gebieten,
19. Ausübung aller anderen, ihn1 durch den Nationalen Volkskongreß übertragenen Befugnisse.

Art. 32. Der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses übt seine Befugnisse so lange aus, bis der nächste Nationale Volkskongreß einen neuen Ständigen Ausschuß gewählt hat.

Art. 33. Der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses ist dem Nationalen Volkskongreß verantwortlich und legt ihm Rechenschaft ab.

Der Nationale Volkskongreß hat das Recht, Mitglieder des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses abzuberufen.

Art. 34. Der Nationale Volkskongreß bildet die Nationalitäten-Kommission, die Kommission für Gesetzesvorlagen, die Budgetkommission, die Mandats-Prüfungskommission und andere erforderliche Kommissionen. Die Nationalitäten-Kommission und die Kommission für Gesetzesvorlagen unterstehen zwischen den Sitzungsperioden des Nationalen Volkskongresses dem Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses.

Art. 35. Der Nationale Volkskongreß, oder zwischen den Sitzungsperioden des Nationalen Volkskongresses der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses, bilden Kommissionen zur Untersuchung gewisser Fragen, wenn immer sie das nötig finden.

Alle staatlichen Stellen, Volksorganisationen und Bürger sind verpflichtet, den vom Nationalen Volkskongreß gebildeten Kommissionen bei Untersuchungen nötigenfalls die erforderlichen Informationen zu geben.

Art. 36. Die Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses haben das Recht, Interpellationen an den Staatsrat oder an einzelne Ministerien und Ausschüsse des Staatsrates zu richten. Diese sind zur Antwort verpflichtet.

Art. 37. Kein Abgeordneter des Nationalen Volkskongresses kann ohne Zustimmung des Nationalen Volkskongresses oder in der Zeit zwischen den Sitzungsperioden des Nationalen Volkskongresses ohne Zustimmung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, verhaftet oder vor Gericht gestellt werden.

Art. 38. Die Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses unterliegen der Kontrolle durch ihre Wahleinheiten. Diese Wahleinheiten haben das Recht, jeden von ihnen gewählten Abgeordneten jederzeit gemäß den gesetzlichen Bestimmungen abzuberufen und durch einen neuen zu ersetzen.

Abschnitt II. Der Vorsitzende der Volksrepublik China.

Art. 39. Der Vorsitzende der Volksrepublik China wird vom Nationalen Volkskongress gewählt. Jeder Bürger der Volksrepublik China, der das 35. Lebensjahr vollendet hat und das aktive und passive Wahlrecht besitzt, kann zum Vorsitzenden der Volksrepublik China gewählt werden.

Die Amtszeit des Vorsitzenden der Volksrepublik China beträgt vier Jahre.

Art. 40. In Übereinstimmung mit den Beschlüssen des Nationalen Volkskongresses oder des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses erläßt der Vorsitzende der Volksrepublik China Gesetze und Verordnungen, ernennt den Ministerpräsidenten, die stellvertretenden Ministerpräsidenten, die Minister, die Vorsitzenden der Ausschüsse und den Generalsekretär des Staatsrates oder beruft sie ab; er ernennt die stellvertretenden Vorsitzenden und Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrates oder beruft sie ab; er verleiht Orden, Medaillen und staatliche Ehrentitel, verkündet Amnestien und Begnadigungen, verhängt da$ Standrecht, proklamiert den Kriegszustand und ordnet die Mobilmachung an.

Art. 41. Der Vorsitzende der Volksrepublik China vertritt die Volksrepublik China dem Ausland gegenüber, empfängt die ausländischen diplomatischen Vertreter. ernennt in Übereinstimmung mit den Beschlüssen des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses die bevollmächtigten diplomatischen Vertreter im Ausland oder beruft sie ab und ratifiziert die mit ausländischen Staaten abgeschlossenen Verträge.

Art. 42. Der Vorsitzende der Volksrepublik China hat den Oberbefehl über die bewaffneten Streitkräfte des Landes und ist Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates.

Art. 43. Der Vorsitzende der Volksrepublik China beruft nach Maßgabe der Notwendigkeit eine Oberste Staatskonferenz ein und führt bei ihren Sitzungen den Vorsitz.

Der Obersten Staatskonferenz gehören der stellvertretende Vorsitzende der Volksrepublik China, der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, der Ministerpräsident und andere entsprechende Persönlichkeiten an.

Die Meinung der Obersten Staatskonferenz über wichtige staatliche Angelegenheiten wird vom Vorsitzenden der Volksrepublik China dem Nationalen Volkskongress, dem Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses, dem Staatsrat oder anderen entsprechenden Organen zur Beratung und Entscheidung unterbreitet.

Art. 44. Der stellvertretende Vorsitzende der Volksrepublik China unterstützt den Vorsitzenden bei seiner Arbeit. Der stellvertretende Vorsitzende kann jenen Teil der Befugnisse des Vorsitzenden ausüben, den ihm der Vorsitzende überträgt.

Die Bestimmungen des Artikels 39 der Verfassung über Wahl und Amtszeit des Vorsitzenden der Volksrepublik China gelten auch für Wahl und Amtszeit des stellvertretenden Vorsitzenden.

Art. 45. Der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende der Volksrepublik China üben ihre Befugnisse so lange aus, bis der neue Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende, die vom nächsten Nationalen Volkskongreß zu wählen sind, ihr Amt angetreten haben.

Art. 46. Falls der Vorsitzende der Volksrepublik China aus gesundheitlichen Gründen längere Zeit nicht in der Lage ist, seine Arbeit zu leisten, so übt der stellvertretende Vorsitzende der Volksrepublik China im Namen des Vorsitzenden dessen Befugnisse aus.

Falls das Amt des Vorsitzenden der Volksrepublik China frei wird, so übernimmt der stellvertretende Vorsitzende das Amt des Vorsitzenden.

Abschnitt III. Der Staatsrat.

Art. 47. Der Staatsrat der Volksrepublik China, d. h. die Zentrale Volksregierung, ist die ausführende Körperschaft des obersten Organs der Staatsmacht und das höchste staatliche Verwaltungsorgan.

Art. 48. Der Staatsrat setzt sich aus folgenden Personen zusammen:
    dem Ministerpräsidenten,
    den stellvertretenden Ministerpräsidenten,
    den Ministern und den Vorsitzenden der Ausschüsse,
    dem Generalsekretär.

Die Organisation des Staatsrates ist gesetzlich festgelegt.

Art. 49. Der Staatsrat übt die folgenden Befugnisse aus:
1. Festsetzung von Verwaltungsmaßnahmen, Verkündung von Beschlüssen und Verordnungen, sowie Überprüfung ihrer Durchführung in Übereinstimmung mit der Verfassung, den Gesetzen und gültigen Verfügungen,
2. Unterbreitung von Vorschlägen im Nationalen Volkskongreß oder dem Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses,
3. einheitliche Leitung der Arbeit der Ministerien und Ausschüsse,
4. einheitliche Leitung der Arbeit der örtlichen Organe der staatlichen Verwaltung aller Stufen im ganzen Lande,
5. Änderung oder Aufhebung ungeeigneter Verordnungen und Anweisungen, die von den Ministern oder den Vorsitzenden der Ausschüsse erlassen wurden,
6. Revision oder Annullierung ungeeigneter Beschlüsse oder Verordnungen der örtlichen Organe der staatlichen Verwaltung aller Stufen,
7. Durchführung des nationalen Wirtschaftsplans und des Staatshaushaltsplans,
8. Kontrolle des Innen- und Außenhandels,
9. Kontrolle der Arbeit auf kulturellem Gebiet und auf dem Gebiet des Erziehungs- und Gesundheitswesens,
10. Zuständigkeit für Angelegenheiten der Nationalitäten,
11. Zuständigkeit für Ange1egenheit)en der in1 Ausland lebenden Chinesen,
12. Schutz der Interessen des Staates, Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Schutz der Rechte der Bürger,
13. Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten,
14. Leitung des Aufbaus der bewaffneten Streitkräfte des Landes,
15. Bestätigung der administrativen Einteilung der Autonomen Bezirke, der Kreise, der Autonomen Kreise und der Städte,
16. Ernennung und Abberufung der staatlichen Funktionäre entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen,
17. Ausübung weiterer Befugnisse, die ihm durch den Nationalen Volkskongreß und den Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses übertragen werden.

Art. 50. Der Ministerpräsident leitet die Arbeit des Staatsrates und führt den Vorsitz in den Sitzungen des Staatsrates.

Die stellvertretenden Ministerpräsidenten unterstützen den Ministerpräsidenten bei seiner Arbeit.

Art. 51. Die Minister und die Vorsitzenden der Ausschüsse leiten die Arbeit ihres Amtsbereiches. Die Minister und die Vorsitzenden der Ausschüsse können im Rahmen ihres Amtsbereichs und in Übereinstimmung mit den Gesetzen und Verordnungen, Beschlüssen und Anordnungen des Staatsrates Anordnungen und Anweisungen erlassen.

Art. 52. Der Staatsrat ist dem Nationalen Volkskongreß verantwortlich und legt ihm, oder im Zeitraum zwischen Sitzungsperioden dem Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses, Rechenschaft ab.

Abschnitt IV. Die Örtlichen Volkskongresse und die Örtlichen Volksräte aller Stufen.

Art. 53. Die Verwaltungseinteilung der Volksrepublik China:
1. Das Land ist in Provinzen, Autonome Gebiete und regierungsunmittelbare Städte eingeteilt,
2. Die Provinzen und Autonomen Gebiete sind in Autonome Bezirke, in Kreise und Autonome Kreise und in Städte eingeteilt,
3. Die Kreise und Autonomen Kreise sind in Gemeinden, national geschlossene Gemeinden und größere Ortschaften eingeteilt.

Die regierungsunmittelbaren Städte und andere Großstädte sind in Bezirke eingeteilt. Die Autonomen Bezirke sind in Kreise, Autonome Kreise und Städte eingeteilt.

Alle. Autonomen Gebiete, Autonomen Bezirke und Autonomen Kreise sind Gebiete mit nationaler Autonomie.

Art. 54. Die Provinzen, die regierungsunmittelbaren Städte, die Kreise, Städte, Stadtbezirke, Gemeinden, national geschlossenen Gemeinden und größeren Ortschaften stellen Volkskongresse und Volksrate auf.

Die Autonomen Gebiete, Autonomen Bezirke und Autonomen Kreise bilden autonome Organe. Organisation und Arbeit der autonomen Organe sind in Kapitel II., Abschnitt 5 der Verfassung näher erläutert.

Art. 55. Die Örtlichen Volkskongresse aller Stufen sind die örtlichen Organe der Staatsmacht.

Art. 56. Die Abgeordneten der Volkskongresse in den Provinzen, in den regierungsunmittelbaren Städten, in den Kreisen und den in Bezirke eingeteilten Städten werden durch die Volkskongresse der jeweils unteren Stufe gewählt; die Abgeordneten der Volkskongresse in den nicht in Bezirke eingeteilten Städten, Stadtbezirken, Gemeinden, national geschlossenen Gemeinden und größeren Ortschaften werden direkt gewählt.

Die Bestimmungen über die Zahl der Abgeordneten und das Wahlverfahren der Örtlichen Volkskongresse aller Stufen sind im Wahlgesetz festgelegt.

Art. 57. Die Amtszeit der Volkskongresse der Provinzen beträgt vier Jahre. Die Amtszeit der Volkskongresse der regierungsunmittelbaren Städte, der Kreise, Städte, Stadtbezirke, Gemeinden, national geschlossenen Gemeinden und größeren Ortschaften beträgt zwei Jahre.

Art. 58. Die Örtlichen Volkskongresse aller Stufen sind in ihren Verwaltungsgebieten für die Einhaltung und Durchführung der Gesetze und Dekrete verantwortlich; sie arbeiten Pläne für die örtliche wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung und für die öffentlichen Arbeiten aus; sie prüfen und bestätigen die örtlichen Haushalte und Finanzberichte; sie schützen das öffentliche Eigentum; sie sorgen für Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung; sie sichern die Rechte der Bürger und die Gleichberechtigung der nationalen Minderheiten.

Art. 59. Die Örtlichen Volkskongresse aller Stufen wählen die Mitglieder der Volksräte der entsprechenden Stufen und haben das Recht, sie abzuberufen.

Die Volkskongresse der Kreise und höheren Stufen wählen die Präsidenten der Volksgerichte der entsprechenden Stufen und haben das Recht, sie abzuberufen.

Art. 60. Die Örtlichen Volkskongresse aller Stufen fassen Beschlüsse innerhalb der Grenzen der ihnen gesetzlich zustehenden Befugnisse und veröffentlichen sie.

Die Volkskongresse der national geschlossenen Gemeinden können innerhalb der Grenzen der ihnen gesetzlich zustehenden Befugnisse besondere Maßnahmen ergreifen, die der Eigenart der betreffenden Nationalitäten entsprechen.

Die Örtlichen Volkskongresse aller Stufen haben das Recht, ungeeignete Beschlüsse und Verordnungen der Volksräte der entsprechenden Stufen zu ändern oder aufzuheben.

Die Volkskongresse der Kreise und höheren Stufen haben das Recht, ungeeignete Beschlüsse der Volkskongresse und ungeeignete Beschlüsse und Verordnungen der Volksrate der jeweils unteren Stufen zu ändern oder aufzuheben.

Art. 61. Die Abgeordneten der Volkskongresse in den Provinzen, in den regierungsunmittelbaren Städten, in den Kreisen und in den in Bezirke eingeteilten Städten unterstellen der Kontrolle ihrer Wahlkörper; die Abgeordneten der Volkskongresse der nicht in Bezirke eingeteilten Städte, Stadtbezirke, Gemeinden, national geschlossenen Gemeinden und größeren Ortschaften unterstehen der Kontrolle ihrer Wähler. Die Wahlkörper und die Wählerschaft, die die Abgeordneten der Örtlichen Volkskongresse aller Stufen wählen, haben das Recht, ihre Abgeordneten jederzeit nach den gesetzlichen Bestimmungen abzuberufen.

Art. 62. Die Örtlichen Volksräte aller Stufen, d. h. die örtlichen Regierungen aller Stufen, sind die ausführenden Organe der Örtlichen Volkskongresse der entsprechenden Stufe, sind sie die örtlichen Organe der staatlichen Verwaltung.

Art. 63. Der Örtliche Volksrat setzt sich je nach seiner Stufe aus dem Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden der Provinz, Stadt, des Kreises, Bezirks, der Gemeinde,  größeren Ortschaft und den anderen Mitgliedern der entsprechenden Volksräte zusammen.

Die Amtszeit der Örtlichen Volksräte aller Stufen ist die gleiche wie die des Volkskongresses der entsprechenden Stufe.

Die Zusammensetzung der Örtlichen Volksräte jeder Stufe ist gesetzlich festgelegt.

Art. 64. Der Örtliche Volksrat jeder Stufe kontrolliert die Verwaltungsarbeit seines Gebietes im Rahmen der ihm gesetzlich zustehenden Machtbefugnisse.

Der Örtliche Volksrat jeder Stufe führt die Beschlüsse des Volkskongresses der entsprechenden Stufe und die Beschlüsse und Verordnungen der staatlichen Verwaltungsorgane der höheren Stufen aus.

Der Örtliche Volksrat jeder Stufe erläßt im Rahmen der ihm gesetzlich zustehenden Befugnisse Beschlüsse und Verordnungen.

Art. 65. Die Volksräte der Kreise und höheren Stufen leiten die Arbeit aller ihnen zugehörigen Abteilungen und der Volksräte der unteren Stufen und entscheiden im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über Einstellung oder Abberufung der Funktionäre der Staatsorgane.

Die Volksräte der Kreise und höheren Stufen haben das Recht, gegen die Durchführung ungeeigneter Beschlüsse der Volkskongresse unterer Stufen  einzuschreiten und ungeeignete Verordnungen und Anordnungen der ihnen unterstellten Abteilungen und ungeeignete Beschlüsse und Verordnungen der Volksräte unterer Stufen zu ändern oder aufzuheben.

Art. 66. Die Örtlichen Volksräte aller Stufen sind den Volkskongressen der entsprechenden Stufen und den übergeordneten Organen der staatlichen Verwaltung verantwortlich und rechenschaftspflichtig.

Die Örtlichen Volksräte aller Stufen im ganzen Lande sind staatliche Verwaltungsorgane unter der einheitlichen Führung des Staatsrates und unterstehen diesem.

Abschnitt V. Die örtlichen autonomen Organe der Gebiete mit nationaler Autonomie.

Art. 67. Die örtlichen autonomen Organe aller Autonomen Gebiete, Autonomen Bezirke und Autonomen Kreise werden entsprechend den Grundsätzen für die Organisation örtlicher staatlicher Stellen, wie sie in Kapitel II, Abschnitt 4 der Verfassung niedergelegt sind, gebildet. Alle diese autonomen Organe können in einer den Wünschen der Mehrheit der in dem betreffenden Gebiet die Autonomie ausübenden Nationalität (Nationalitäten) entsprechenden Form gebildet werden.

Art. 68. In allen Autonomen Gebieten, Autonomen Bezirken und Autonomen Kreisen, in denen mehrere Nationalitäten zusammenleben, hat jede Nationalität eine entsprechende Anzahl von Vertretern in den örtlichen autonomen Organen.

Art. 69. Die autonomen Organe aller Autonomen Gebiete. Autonomen Bezirke und Autonomen Kreise üben die Befugnisse örtlicher Regierungsstellen aus, wie sie in Kapitel II, Abschnitt 4 der Verfassung festgelegt sind.

Art. 70. Die autonomen Organe aller Autonomen Gebiete, Autonomen Bezirke und Autonomen Kreise üben die Autonomie im Rahmen der durch Verfassung und Gesetz festgelegten besonderen Befugnisse aus.

Die autonomen Organe aller Autonomen Gebiete, Autonomen Bezirke und Autonomen Kreise verwalten die örtlichen Finanzen im Rahmen ihrer vom Gesetz festgelegten Befugnisse.

Die autonomen Organe aller Autonomen Gebiete, Autonomen Bezirke und Autonomen Kreise bilden ihre örtlichen Sicherheitsorgane in Übereinstimmung mit dem Aufbau der bewaffneten Kräfte des Staates.

Die autonomen Organe aller Autonomen Gebiete, Autonomen Bezirke und Autonomen Kreise arbeiten der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Eigenart der betreffenden Nationalität (Nationalitäten) entsprechende Verordnungen über die Ausübung der Autonomie und andere besondere Bestimmungen aus und legen diese dem Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses zur Bestätigung vor.

Art. 71. In Ausübung ihrer Funktionen bedienen sich die autonomen Organe aller Autonomen Gebiete, Autonomen Bezirke und Autonomen Kreise in Wort und Schrift der in der betreffenden Gegend gebräuchlichen Sprache (Sprachen).

Art. 72. Die höheren staatlichen Organe sichern die Rechte der autonomen Organe aller Autonomen Gebiete, Autonomen Bezirke und Autonomen Kreise auf Ausübung der Autonomie und unterstützen die nationalen Minderheiten in ihrem politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufbau.

Abschnitt VI. Die Volksgerichtsbarkeit und die Volks-Anwaltschaft.

Art. 73. Die richterliche Gewalt wird ausgeübt vom Obersten Gericht, den Örtlichen Volksgerichten aller Stufen und den Volks-Sondergerichten.

Art. 74. Die Amtszeit des Präsidenten des Obersten Volksgerichts und der Präsidenten der Örtlichen Volksgerichten aller Stufen beträgt vier Jahre.

Die Zusammensetzung der Volksgerichte ist durch gesetzliche Bestimmungen geregelt.

Art. 75. Die Volksgerichte werden bei ihrer Rechtsprechung gemäß dem Gesetz durch die Einrichtung der Volksbeisitzer angeleitet.

Art. 76. In den Volksgerichten sind die Verhandlungen öffentlich, sofern keine anderweitigen gesetzlichen Bestimmungen entgegenstehen. Der Angeklagte hat das Recht auf Verteidigung.

Art. 77. Die Bürger aller Nationalitäten haben das Recht, sich in allen Gerichtsverhandlungen in Wort und Schrift ihrer eigenen Sprachen zu bedienen. Die Volksgerichte stellen Dolmetscher für Personen, die die in der betreffenden Gegend übliche Sprache (Sprachen) in Wort und Schrift nicht beherrschen.

In den Gebieten, in denen eine nationale Minderheit geschlossen lebt oder in denen mehrere Nationalitäten zusammenleben, werden alle Verhandlungen der Volksgerichte in der allgemein in der betreffenden Gegend üblichen Sprache (Sprachen) geführt. Urteile, Kundmachungen und alle anderen Dokumente der Volksgerichte werden in der allgemein in der betreffenden Gegend üblichen Sprache (Sprachen) veröffentlicht.

Art. 78. Die Volksgerichte sind in ihrer Rechtsprechung unabhängig und unterstehen ausschließlich dem Gesetz.

Art. 79. Das Oberste Volksgericht ist das höchste richterliche Organ. Das Oberste Volksgericht überwacht die Rechtsprechung der Örtlichen Volksgerichte aller Stufen und der Volks-Sondergerichte. Die jeweils höheren Volksgerichte beaufsichtigen die gerichtliche Tätigkeit der unteren Volksgerichte.

Art. 80. Das Oberste Volksgericht ist dem Nationalen Volkskongreß oder zwischen den Sitzungsperioden des Nationalen Volkskongresses dem Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses verantwortlich und rechenschaftspflichtig. Die Örtlichen Volksgerichte aller Stufen sind den Örtlichen Volkskongressen der entsprechenden Stufen verantwortlich und rechenschaftspflichtig.

Art. 81. Die Oberste Volks-Staatsanwaltschaft der Volksrepublik China hat die oberste Kontrolle über alle dem Staatsrat unterstehenden Dienststellen, über die örtlichen Verwaltungsorgane aller Stufen, die Funktionäre der Regierungsämter und die Bürger, um die Einhaltung der Gesetze zu gewährleisten. Die Örtlichen Volks-Staatsanwaltschaften und die besonderen Volks-Staatsanwaltschaften üben die Aufsicht in dem durch die Gesetze vorgesehenen Rahmen aus.

Die örtlichen Volks-Staatsanwaltschaften und die besonderen Volks- Staatsanwaltschaften fungieren unter Leitung der höheren Volks- Staatsanwaltschaften; und sie alle stehen unter der einheitlichen Leitung der Obersten Volks-Staatsanwaltschaft.

Art. 82. Die Amtszeit des Generalstaatsanwalts der Obersten Volks-Staatsanwaltschaft beträgt vier Jahre.

Die Zusammensetzung der Organe der Volks-Staatsanwaltschaft ist durch gesetzliche Bestimmungen geregelt.

Art. 83. Die örtlichen Organe der Volks-Staatsanwaltschaft aller Stufen sind bei der Ausübung ihrer Funktion unabhängig und unterliegen keiner Einmischung seitens örtlicher Regierungsorgane.

Art. 84. Die Oberste Volks-Staatsanwaltschaft ist dem Nationalen Volkskongress oder im Zeitraum zwischen zwei Sitzungsperioden dem Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses verantwortlich und rechenschaftspflichtig.

Kapitel III. Grundrechte und -pflichten der Bürger.

Art. 85. Alle Bürger der Volksrepublik China sind vor dem Gesetz gleich.

Art. 86. Alle Bürger der Volksrepublik China, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besitzen unabhängig von Nationalität, Rasse, Geschlecht, Beruf, sozialer Herkunft, religiöser Anschauung, Bildungsstand, Besitzverhältnissen und Dauer der Ansässigkeit das aktive und passive Wahlrecht. Ausgenommen davon sind Personen, die nicht im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sind, und solche, denen das aktive und passive Wahlrecht gesetzlich aberkannt wurde.

Frauen sind in bezug auf das aktive und passive Wahlrecht den Männern gleichgestellt.

Art. 87. Die Bürger der Volksrepublik China haben das Recht auf die Freiheit der Rede, der Presse, der Versammlung, des Zusammenschlusses, der Prozession und Demonstration. Der Staat sorgt für die notwendigen materiellen Voraussetzungen, die den Bürgern den Genuß dieser Freiheit sichern.

Art. 88. Die Bürger der Volksrepublik China genießen Religionsfreiheit.

Art. 89. Die Freiheit der Person der Bürger der Volksrepublik China ist unverletzlich. Kein Bürger darf ohne Beschluß des Volksgerichts oder Genehmigung einer Volks-Staatsanwaltschaft verhaftet werden.

Art. 90. Die Wohnung der Bürger der Volksrepublik China ist unverletzlich, und das Postgeheimnis ist gesetzlich geschützt.

Die Bürger der Volksrepublik China genießen Freiheit der Niederlassung und des Wohnungswechseln.

Art. 91. Die Bürger der Volksrepublik China haben das Recht auf Arbeit. Um den Bürgern dieses Recht zu sichern, erhöht der Staat durch planmäßige Entwicklung der nationalen Wirtschaft Schritt für Schritt die Zahl der Beschäftigten und verbessert die Arbeitsbedingungen und Löhne.

Art. 92. Die Werktätigen der Volksrepublik China haben das Recht auf Erholung. Um den Werktätigen dieses Recht zu sichern, setzt der Staat die Arbeitszeit und den Urlaub für die Arbeiter und Angestellten fest und erweitert ständig die materiellen Voraussetzungen für die Werktätigen, damit diese sich erholen und ihre Gesundheit wiederherstellen können.

Art. 93. Die Werktätigen der Volksrepublik China haben das Recht auf materielle Unterstützung im Alter, im Krankheitsfall oder bei Arbeitsunfähigkeit. Um den Werktätigen dieses Recht zu sichern, sorgt der Staat für Sozialversicherung, Sozialunterstützung und öffentlichen Gesundheitsdienst und erweitert ständig diese Einrichtungen.

Art. 94. Die Bürger der Volksrepublik China haben das Recht auf Bildung. Um den Bürgern dieses Recht zu sichern, gründet der Staat Schulen verschiedener Art, sowie andere Kultur- und Bildungsstätten und erweitert diese ständig.

Der Staat widmet der körperlichen und geistigen Entwicklung der Jugend besondere Aufmerksamkeit.

Art. 95. Die Volksrepublik China sichert den Bürgern die Freiheit der wissenschaftlichen Forschungsarbeit, des literarischen und künstlerischen Schaffens und anderer kultureller Betätigung. Der Staat fördert und unterstützt die Bürger, die sich auf wissenschaftlichen, pädagogischen, literarischen, künstlerischen und anderen kulturellen Gebieten schöpferisch betätigen.

Art. 96. Die Brauen haben in der Volksrepublik China auf allen Gebieten des politischen, wirtschaftlichen, kulturellen, gesellschaftlichen und des Familienlebens die gleichen Rechte wie die Männer.

Der Staat schützt die Ehe, die Familie, Mutter und Kind.

Art. 97. Die Bürger der Volksrepublik China haben das Recht, vor jedem staatlichen Organ beliebiger Stufe gegen jeden Regierungsfunktionär wegen Rechtsbruch oder Vernachlässigung seiner Pflichten schriftlich oder mündlich Klage zu führen. Personen, die infolge Beeinträchtigung ihrer Rechte als Bürger durch Regierungsfunktionäre Verluste erlitten haben, haben einen Anspruch auf Schadenersatz.

Art. 98. Die Volksrepublik China schützt die gebührenden Rechte und Interessen der im Ausland lebenden Chinesen.

Art. 99. Die Volksrepublik China gewährt jedem Ausländer Asylrecht, der wegen Unterstützung einer gerechten Sache, wegen Teilnahme an der Friedensbewegung oder wegen wissenschaftlicher Betätigung verfolgt wird.

Art. 100. Die Bürger der Volksrepublik China müssen sich an die Verfassung und das Gesetz halten, Arbeitsdisziplin und öffentliche Ordnung wahren und die moralischen Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber achten.

Art. 101. Das öffentliche Eigentum der Volksrepublik China ist heilig und unverletzlich. Es ist die Pflicht eines jeden Bürgers, öffentliches Eigentum zu achten und zu schützen.

Art. 102. Die Bürger der Volksrepublik China sind verpflichtet, die gesetzlichen Steuern zu entrichten.

Art. 103. Es ist die heilige Pflicht eines jeden Bürgers der Volksrepublik China, seine Heimat zu verkündigen.

Es ist Ehrenpflicht der Bürger der Volksrepublik China, den vom Gesetz vorgeschriebenen Militärdienst zu leisten.

Kapitel IV. Nationalfahne, Staatswappen, Hauptstadt.

Art. 104. Die Nationalfahne der Volksrepublik China ist eine rote Flagge mit fünf Sternen.

Art. 105. Das Staatswappen der Volksrepublik China zeigt im Zentrum das von fünf Sternen überstrahlte Tien-An-Men (Tor des himmlischen Friedens des Kaiserpalastes) umrahmt von Ähren, darunter ein Zahnrad.

Art. 106. Die Hauptstadt der Volksrepublik China ist Peking.

Die vorstehende Verfassung war die erste kommunistische Verfassung Chinas und war der Ersatz für die, während des ersten Fünfjahresplanes geltenden Verfassungsgesetze.
 


Quelle: G. Franz, Staatsverfassungen, Verlag Oldenbourg, München 1962, 1975
Die Verfassung der VR China, Verlag für fremdspr. Literatur, Peking 1954

© 6. Februar 2006 - 7. Februar 2006
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