Verfassungsgesetze der Volksrepublik China

Allgemeine Richtlinien des Politischen Konsultativrates

beschlossen vom Politischen Konsultativrat am 29. September 1949

aufgehoben durch die
Verfassung vom 20. September1954
 

Präambel

Der überwältigende Sieg in dem Freiheitskampfe des chinesischen Volkes und in der chinesischen Volksrevolution hat zu der Beendigung der Epoche geführt, während der China vom Imperialismus, Feudalismus und bürokratischen Kapitalismus beherrscht wurde. Das chinesische Volk ist vom Status eines Unterdrückten zu dem des Herren eines neuen Staates mit einer neuen Gesellschaft gelangt; die Republik der volksdemokratischen Alleinherrschaft ist an die Stelle der Alleinherrschaft der Feudalisten, Zwischenhändler und Faschinen des reaktionären Regimes der Kuomintang getreten. Die Alleinherrschaft der chinesischen Volksdemokratie ist ein Regime der volksdemokratischen Einheitsfront der Klassen der chinesischen Arbeiter, Bauern, Kleinkapitalisten, Nationalkapitalisten und sonstigen patriotischen Anhänger der Demokratie; ihre Grundlage ist das Bündnis zwischen Arbeitern und Bauern; die Führung liegt bei der Arbeiterklasse. Der Politische Konsultativrat des chinesischen Volkes (nachfolgend "PKR"), der von Vertretern der Kommunistischen Partei Chinas, der verschiedenen demokratischen Parteien, der verschiedenen Volksverbände, der einzelnen Territorien, der Volksbefreiungsarmeen, der verschiedenen ethischen  Minderheiten, der Auslandschinesen und der sonstigen patriotischen Anhänger der Demokratie gebildet wird, ist die organisierte Form der volksdemokratischen Einheitsfront. Der PKR, der den Willen des gesamten chinesischen Volkes repräsentiert, erklärt die Konstituierung der chinesischen Volksrepublik und bildet eine dem Volk gehörige Zentralregierung. Der PKR nimmt einstimmig das neu-demokratische Prinzip, das ist das Prinzip der Volksdemokratie, als politische Grundlage für den Aufbau der Chinesischen Volksrepublik an und setzt die folgenden Allgemeinen Richtlinien fest, die von sämtlichen an dem Politischen Volksrat teilnehmenden Gruppen, von den Volksregierungen aller Stufen und von dem Volk im ganzen Reich übereinstimmend zu befolgen sind.

1. Kapitel: Allgemeine Grundsätze.

Art. 1. Die Chinesische Volksrepublik ist ein neudemokratischer, das heißt ein volksdemokratischer Staat, eine volksdemokratische Alleinherrschaft [Diktatur], in der die Führung der Arbeiterklasse verwirklicht ist, die auf dem Bündnis zwischen den Arbeitern und Bauern beruht und in der alle demokratischen Klassen und alle Rassen des Landes zusammengefaßt sind. Sie wendet sich gegen den Imperialismus, gegen den Feudalismus und gegen den bürokratischen Kapitalismus und kämpft für die Unabhängigkeit, die Demokratie, den Frieden, die Einheit, den Wohlstand und die Stärke Chinas.

Art. 2. Die Zentrale Volksregierung der Chinesischen Volksrepublik ist für die Durchführung des Befreiungskampfes des Volkes bis zum Ende, für die Befreiung des gesamten chinesischen Staatsgebietes und für die vollständige Einigung Chinas verantwortlich.

Art. 3. Die Chinesische Volksrepublik muß sämtliche Vorrechte der imperialistischen Staaten in China beseitigen, das bürokratische Kapital einziehen und in das Eigentum des Volksstaates zurückführen, das System des feudalistischen und halbfeudalistischen Landeigentums schrittweise in ein System des bäuerlichen Landeigentums umwandeln, das öffentliche Vermögen des Staates und das Vermögen der Genossenschaften schützen, die wirtschaftlichen Interessen und das Privateigentum der Klassen der Arbeiter, Bauern, Kleinkapitalisten und Nationalkapitalisten schützen, eine neudemokratische Volkswirtschaft entwickeln und den Agrarstaat schrittweise in einen Industriestaat umwandeln.

Art. 4. Das Volk der Chinesischen Volksrepublik hat den Gesetzen entsprechend das aktive und passive Wahlrecht.

Art. 5. Das Volk der Chinesischen Volksrepublik hat die Freiheit des Denkens, der Rede, der Presse, der Versammlung, der Vereinsbildung, des Nachrichtenaustausches, der Person, der Wohnung, der Freizügigkeit, des religiösen Glaubens und der Veranstaltung von Demonstrationen.

Art. 6. Die Chinesische Volksrepublik beseitigt das feudalistische System der Knebelung der Frau. Die Frauen haben im politischen, wirtschaftlichen, kulturellen, erzieherischen und sozialen Leben in jeder Hinsicht die gleichen Rechte wie die Männer. Die Freiheit der Heirat für Männer und Frauen wird verwirklicht

Art. 7. Die Chinesische Volksrepublik muß alle gegenrevolutionären Bewegungen unterdrücken und sämtliche gegenrevolutionären Kriegsverbrecher der Kuomintang, die sich mit den Imperialisten verbünden, das Vaterland verraten oder sich gegen die volksdemokratischen Unternehmen wenden, sowie die sonstigen üblen und unverbesserlichen Hauptanhänger der Gegenrevolution streng bestrafen. Alle Anhänger der Reaktion, alle feudalistischen Landeigentümer und bürokratischen Kapitalisten sind, nachdem sie entwaffnet und ihres besonderen Einflusses entkleidet worden sind, während eines für nötig erachteten Zeitraumes den Gesetzen entsprechend ihrer politischen Rechte zu entkleiden, wobei ihnen aber gleichzeitig Lebensmöglichkeiten zu gewähren und sie zu zwingen sind, durch Arbeit sich selbst zu ändern und neue Menschen zu werden. Wenn sie die gegenrevolutionäre Bewegung fortsetzen, so sind schwere Maßregeln gegen sie zu verhängen.

Art. 8. Die Staatsangehörigen der Chinesischen Volksrepublik haben ohne Unterschied die Pflicht, ihr Vaterland zu verteidigen, die Gesetze zu befolgen, die Arbeitsdisziplin zu bewahren, das öffentliche Eigentum zu schützen, öffentliche Dienstleistungen und Militärdienst zu erfüllen sowie Abgaben und Steuern zu entrichten.

Art. 9. Im Gebiete der Chinesischen Volksrepublik haben alle Rassen ohne Unterschied gleiche Rechte und Pflichten.

Art. 10. Die bewaffneten Streitkräfte der Chinesischen Volksrepublik, nämlich die Volksbefreiungsarmee, die Volkssicherheitstruppe und die Volkspolizei, unterstehen der Militärgewalt des Volkes. Ihre Aufgabe ist es, die vollkommene Unabhängigkeit und die territoriale Souveränität Chinas zu verteidigen und die Vollendung der Revolution des chinesischen Volkes und alle seine legitimen Interessen zu schützen. Die Zentrale Volksregierung der Chinesischen Volksrepublik hat mit: aller Energie die militärischen Kräfte des Volkes zu festigen und zu erhöhen, so daß sie in den Stand gesetzt werden, ihre Aufgabe wirksam zu erfüllen.

Art. 11. Die Chinesische Volksrepublik vereinigt sich mit allen friedens- und freiheitsliebenden Staaten und Völkern auf der Welt, an erster Stelle mit der Sowjetunion, den volksdemokratischen Staaten und den unterdrückten Nationen (Rassen); sie steht im demokratischen Lager des internationalen Friedens, das sich gemeinsam der Aggression des Imperialismus widersetzt, um so den dauernden Frieden der Welt zu schützen.

2. Kapitel: Die Organe der Regierung

Art. 12. Die staatliche Regierungsgewalt in der Chinesischen Volksrepublik untersteht dem Volk. Die Organe, durch die das Volk die staatliche Regierungsgewalt ausübt, sind die Versammlungen der Volksvertreter auf den verschiedenen Stufen und die Regierungen der verschiedenen Stufen. Die Versammlungen der Volksvertreter auf den verschiedenen Stufen werden von dem Volk nach dem System allgemeiner Wahlen geschaffen. Die verschiedenen Volksvertreterversammlungen der verschiedenen Stufen wählen die Regierungen der verschiedenen Stufen. Während der Zeit, zu der die Versammlungen der Volksvertreter nicht zusammengetreten sind, sind die Regierungen der verschiedenen Stufen die Organe für die Ausübung der Regierungsgewalt auf den verschiedenen Stufen.

Das höchste Organ der staatlichen Regierungsgewalt ist die Nationalversammlung der Volksvertreter. Während der Zeit zwischen den Tagungen der Nationalversammlung ist das höchste Organ für die Ausübung der staatlichen Regierungsgewalt die Zentrale Volksregierung.

Art. 13. Der PKR ist die organisierte Form der volksdemokratischen Einheitsfront. Er muß Vertreter der Klassen der Arbeiter, Bauern, revolutionären Soldaten, Intellektuellen, Kleinkapitalisten, Nationalkapitalisten und der ethnischen (rassischen) Minderheiten sowie Vertreter der Auslandschinesen und der anderen patriotischen Demokraten umfassen.

Bis zum Zusammentritt der auf allgemeinen Wahlen beruhenden Nationalversammlung übt die Vollversammlung des PKR die Befugnisse der Nationalversammlung aus, setzt das Organisationsgesetz der Zentralen Volksregierung der Chinesischen Volksrepublik fest, wählt den Zentralregierungsausschuß der Chinesischen Volksrepublik und verleiht diesem die Befugnisse zur Ausübung der Staatsgewalt.

Nach dem Zusammentritt der auf allgemeinen Wahlen beruhenden Nationalversammlung kann der PKR die alsdann vorliegenden grundlegenden Pläne über die Angelegenheiten des Staatsaufbaues sowie sonstige wichtige Maßnahmen der Nationalversammlung oder der Zentralen Volksregierung zur Beratung vorlegen.

Art. 14. In allen von der Volksbefreiungsarmee neu befreiten Gebieten ist ohne Unterschied eine Militärkontrolle einzuführen, sind die Verwaltungsorgane der reaktionären Kuomintang zu beseitigen, sind von den durch die Zentrale Volksregierung oder die Militärorgane der vor deren Front ernannten Beauftragten Militärkontrollausschüsse oder örtliche Volksregierungen zu bilden, ist die Bevölkerung zum Aufbau einer revolutionären Ordnung anzuleiten, sind gegenrevolutionäre Bewegungen zu unterdrücken und sind, soweit es die Bedingungen erlauben, Ausschüsse von Volksvertretern aller Bevölkerungskreise einzuberufen.

Bis zum Zusammentritt von aus allgemeinen Wahlen hervorgegangenen Örtlichen Volksvertreterversammlungen werden deren Befugnisse von örtlichen Ausschüssen von Vertretern aller Kreise des Volkes ausgeübt.

Die Dauer der Periode der Militärkontrolle wird von der Zentralen Volksregierung unter Berücksichtigung der militärischen und politischen Verhältnisse in dem betreffenden Gebiete bestimmt.

In allen Gebieten, in denen die militärischen Operationen vollkommen abgeschlossen sind, die Agrarrevolution gründlich durchgeführt ist und die verschiedenen Kreise des Volkes organisiert worden sind, sind allgemeine Wahlen abzuhalten und örtliche Volksvertreterversammlungen einzuberufen.

Art. 15. Auf allen Stufen der Regierungsorganisation wird ohne Unterschied das System der demokratischen Konzentrierung durchgeführt, dessen wichtigste Grundsätze sind: Die Volksvertreterversammlungen sind dem Volk gegenüber verantwortlich und legen ihm Rechenschaft über ihre Arbeiten ab; den Volksvertreterversammlungen gegenüber sind die Volksregierungsausschüsse verantwortlich und legen ihnen Rechenschaft über ihre Arbeiten ab; in den Volksvertreterversammlungen und den Volksregierungsausschüssen gilt das System, daß die Minderheit sich der Mehrheit zu fügen hat; die Volksregierungen unterer Stufen werden von der über ihnen stehenden Volksregierung bestätigt und folgen den Weisungen der höher stehenden Volksregierungen; alle örtlichen Volksregierungen im ganzen Reich unterstehen ohne Unterschied den Weisungen der Zentralen Volksregierung.

Art. 16. Die Abgrenzung zwischen den Befugnissen der Zentralen Volksregierung und den örtlichen Volksregierungen ist von dem Zentralregierungsausschuß unter Berücksichtigung der Eigenart der verschiedenen sachlichen Aufgaben durch Gesetze und Verordnungen derart zu regeln, daß das System sich sowohl der Einheit des Staates wie den örtlichen Interessen anpaßt.

Art. 17. Sämtliche Gesetze und Verordnungen sowie das Justizsystem der reaktionären Kuomintang-Regierung, die das Volk unterdrücken, sind aufgehoben. Es werden Gesetze und Verordnungen erlassen, die das Volk schützen, und es wird ein System der Volksjustiz aufgebaut.

Art. 18. Alle Staatsorgane müssen ihre revolutionäre Arbeit im Dienste für das Volk unbestechlich und sparsam ausführen. Bereicherungen werden streng bestraft. Die bürokratische Gewohnheit, von der Masse des Volkes abzuschließen, wird abgelehnt.

Art. 19. In den Volksregierungen aller Stufen, von den Kreis- und Stadtregierungen aufwärts, eine Zensoratsbehörde errichtet, die zu überwachen hat, ob die Staatsorgane und die öffentlichen Beamten ihre Aufgaben erfüllen oder nicht, die jene Organe und Beamten anzuklagen hat, die das Recht verletzen oder ihre Amtspflichten vernachlässigen.

Die Bevölkerung und die Volksvereinigungen haben das Recht, bei den Volkszensoratsbehörden oder bei den Justizbehörden jedes Organ des Staates oder jeden öffentlichen Beamten wegen einer Rechtsverletzung oder einer Vernachlässigung der Amtspflicht anzuklagen.

3. Kapitel: Das Militärwesen

Art. 20. Die Chinesische Volksrepublik stellt ein einheitliches Heer auf, d. s. die Volksbefreiungsarmeen und die Volkssicherheitstruppen. Sie unterstehen dem Kommando des Ausschusses für Volksrevolutionäre Militärangelegenheiten der Zentralen Volksregierung. Die Befehlsgewalt, die Organisation, die Einteilung und die Disziplin des Heeres sind einheitlich auszugestalten.

Art. 21. Für die Befreiungsarmeen und die Volkssicherheitstruppen wird nach den Grundsätzen der Zusammengehörigkeit von Offizieren und Soldaten und der Zusammengehörigkeit von Militär- und Zivilpersonen ein politisches Arbeitsprogramm aufgestellt, nach welchem die Befehlsinhaber wie die kämpfenden Mitglieder des Heeres im Geiste der Revolution und der Vaterlandsliebe zu erziehen sind.

Art. 22. Die Chinesische Volksrepublik hat zur Festigung der Landesverteidigung das Landheer zu modernisieren und eine Luftflotte und eine Marine aufzustellen.

Art. 23. Die Chinesische Volksrepublik führt das System des Volksheeres (Miliz) durch zum Schutze der örtlichen Ordnung, als Grundlage für die Mobilisierung des Staates und zur Vorbereitung für die zum angemessenen Zeitpunkt einzuführende allgemeine Militärdienstpflicht.

Art. 24. In Zeiten des Friedens haben die Streitkräfte der Chinesischen Volksrepublik, sofern ihre militärischen Pflichten nicht darunter leiden, planmäßig zu der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion beizutragen und bei der staatlichen Aufbauarbeit zu helfen.

Art. 25. Die Familienangehörigen der (toten) Helden der Revolution und der (gefallenen) Revolutionssoldaten sollen, soweit sie in wirtschaftlicher Not sind, vom Staat und von der Gesellschaft eine bevorzuge Behandlung erfahren. Den Soldaten, die im Revolutionskampf invalide geworden sind, sowie den ausgeschiedenen Soldaten sind von den Volksregierungen angemessene Posten zu geben, damit sie ihren Lebensunterhalt verdienen können.

4. Kapitel: Wirtschaftspolitik.

Art. 26. Die grundsätzlichen Richtlinien für den wirtschaftlichen Aufbau der Chinesischen Volksrepublik sind die Berücksichtigung der öffentlichen wie der privaten (Interessen) und des Vorteils sowohl der Arbeit wie des Kapitals sowie eine Politik der gegenseitigen Hilfe zwischen Stadt und Land und des Verkehrs zwischen In- und Ausland mit dem Ziel, die Produktion tu erhöhen und den wirtschaftlichen Wohlstand herbeizuführen.

Der Staat soll bei der Abgrenzung der Betriebe, der Zuteilung von Rohstoffen der Güterverteilung, den Arbeitsbedingungen, der technischen Ausrüstung, der Finanzpolitik und der Währungspolitik die staatlich betriebene Wirtschaft, die Wirtschaft der Genossenschaften, die Wirtschaft der einzelnen Sparten der bäuerlichen und handwerklichen Betriebe, die privatkapitalistische Wirtschaft .und die staatskapitalistische Wirtschaft miteinander .in Einklang bringen, damit die einzelnen Bestandteile der sozialen Wirtschaft unter der Führung der staatlich betriebenen Wirtschaft in ihren Arbeiten zusammenstimmen, jeder das Seine erhält, und so die Entwicklung der sozialen Wirtschaft Fortschritte macht.

Art. 27. Die Landreform ist die notwendige Voraussetzung für die Erhöhung der Produktionskraft und für die Industrialisierung des Staates. In den Regionen, wo die Landreform bereits verwirklicht ist, müssen die von den Bauern bereits erworbenen Eigentumsrechte am Boden geschützt werden. In den Regionen, wo die Landreform noch nicht durchgeführt ist, ist die Masse der Bauern dazu zu bewegen, Bauernverbände zu bilden, damit, nachdem die räuberischen Zwangsherren liquidiert sind, die Herabsetzung der Pachtzahlungen und Zinsen, die Verteilung des Bodens und ähnliche Angelegenheiten schrittweise erfolgen können und (der Grundsatz) »Jedem der Acker, den er bestellt« tatsächlich durchgeführt wird.

Art. 28. Die staatlich betriebene Wirtschaft ist eine Wirtschaft sozialistischer Natur. Alle Unternehmen, die den Lebensnerv der Staatswirtschaft oder die Existenz des Volkes berühren, sind ohne Unterschied vom Staat zu betreiben. Alle staatseigenen Kapitalquellen und Industrieunternehmen sind ohne Unterschied gemeinsames Vermögen des gesamten Volkes, das dazu dient, die Produktion der Volksrepublik zu erhöhen, die Grundlage für die wirtschaftlich wichtigen Güter zu festigen und die Kraft für die Lenkung aller sozialen Wirtschaft abzugeben.

Art. 29. Die Wirtschaft der Genossenschaften ist eine Wirtschaft halbsozialistischer Natur, die ein wichtiger Teil in dem Aufbau der Volkswirtschaft ist. Die Volksregierungen haben ihre Entwicklung zu fördern und ihr eine bevorzugte Behandlung angedeihen zu lassen.

Art. 30. Die Volksregierung hat den positiven Betrieb aller privat betriebenen Wirtschaftsunternehmen, die für die staatlich geplante Existenz des Volkes nützlich sind, zu ermutigen und ihre Entfaltung zu unterstützen.

Art. 31. Die Wirtschaft der Zusammenarbeit zwischen Staats- und Privatkapital ist eine Wirtschaft staatskapitalistischer Natur. Soweit es notwendig oder möglich ist, ist das Privatkapital anzutreiben, sich in die Richtung zum Staatskapitalismus zu entwickeln, z. B. für die staatlichen Industrieunternehmen zu arbeiten, mit dem Staate gemeinsam den Betrieb zu führen oder in Form einer Pacht staatliche Industrieunternehmen zu betreiben, um so die Quellen des staatlichen Wohlstandes zu erschließen.

Art. 32. In den staatlich betriebenen Industrieunternehmungen ist für die gegenwärtige Zeit das System der Teilnahme der Arbeiter an der Produktionsverwaltung durchzuführen, d. h. es sind unter der Leitung des Fabrikdirektors Fabrikverwaltungsausschüssse zu bilden, die der Leitung des Fabrikdirektors unterstehen. In den privat betriebenen Industrieunternehmungen sind nach dem Grundsatz der Wahrung der Interessen sowohl der Arbeiterschaft wie des Kapitals Kollektivvertrage zwischen den Gewerkschaften als den Vertretern der Arbeiter und Angestellten und den Unternehmern abzuschließen.

In den staatlichen und in den privaten Industrieunternehmungen ist in der gegenwärtigen Zeit grundsätzlich das System des 8- bis 10-Stunden-Tages durchzuführen; unter besonderen Umständen können angemessene Regelungen getroffen werden. Die Volksregierungen haben gemäß den Verhältnissen in den verschiedenen Gegenden und Unternehmungen Mindestarbeitslöhne festzusetzen. Schrittweise ist eine Arbeiterversicherung einzuführen. Der Arbeit von Jugendlichen und Frauen ist besonderer Schutz zu gewähren. Es ist ein Inspektionssystem für Fabriken und Bergwerke einzuführen, um die Sicherheits- und sanitären Einrichtungen in den Fabriken und Bergwerken zu verbessern.

Art. 33. Die Zentrale Volksregierung hat so bald wie möglich einen Allgemeinen Plan für die Wiederherstellung und Entwicklung der einzelnen Hauptzweige der staatlichen und privaten Wirtschaft des ganzen Landes aufzustellen, die Abgrenzung der Arbeitsteilung und der Zusammenarbeit zwischen Zentral- und Lokalbehörden bei dem wirtschaftlichen Aufbau festzusetzen sowie eine einheitliche Ordnung für die gegenseitigen Beziehungen zwischen den einzelnen Sparten der Zentralen Wirtschaft und denen der örtlichen Wirtschaft zu schaffen. Die einzelnen Sparten der zentralen und der örtlichen Wirtschaft haben sich unter der Leitung der Zentralen Volksregierung jede für sich im aufbauenden und positiven Sinne selbst zu entwickeln.

Art. 34. Über Ackerbau, Forsten, Fischzucht und Viehzucht: In den Gegenden, in denen die Landreform bereits vollständig durchgeführt ist, ist es die Hauptaufgabe der Volksregierungen, die Bauern und die mit der Landwirtschaft zusammenhängenden Arbeitskräfte zu organisieren, um die landwirtschaftliche Produktion und deren Hilfsunternehmen zu entwickeln. Sie haben ferner die Bauern anzuleiten, schrittweise und nach dem Grundsatz des selbstgewollten gemeinsamen Nutzens alle Arten von Genossenschaften der Arbeitenden für die gegenseitige Hilfe und für die Produktion zu organisieren.

In den neu befreiten Gebieten muß jede Etappe der Landreform mit der Wiederherstellung und Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion in Einklang stehen.

Die Volksregierungen haben gemäß dem staatlichen Plane und entsprechend den Lebensbedürfnissen des Volkes in kürzester Frist den Vorkriegszustand in der Erzeugung von Nahrungsmitteln, industriellen Rohprodukten und Verbrauchsgütern wiederherzustellen und zu übertreffen, dem Ausbau der Wasserkräfte ihre Aufmerksamkeit zu schenken, die Viehzucht wiederherzustellen und zu entwickeln, die Düngererzeugung zu steigern, landwirtschaftliche Geräte und das Saatgut zu verbessern, Seuchen und Insektenplagen zu bekämpfen, bei Naturkatastrophen Hilfe zu leisten sowie das Volk planmäßig anzusiedeln und Neuland zu erschließen.

Die Wälder sind zu schützen, die Forstwirtschaft ist planmäßig zu entwickeln.

Die Küstenfischerei ist zu schützen und die Produktion der Wasserwirtschaft ist zu entwickeln.

Die Viehzucht ist zu schützen und zu entwickeln, die Viehseuchen sind zu bekämpfen.

Art. 35. Über die Industrie: Der Schwerpunkt rnuß in der schrittweisen und planmäßigen Wiederherstellung und Entwicklung der Schwerindustrie liegen, zum Beispiel Bergwerke, Stahlindustrie, Motorenindustrie, Maschinenbau, Elektrizitätsindustrie und chemische Grundindustrie, um so die Grundlage für die Industrialisierung des Staates zu legen.

Gleichzeitig ist die Produktion der Textilindustrie und sonstiger Leichtindustrien, die für den staatlich geplanten Lebensunterhalt des Volkes wichtig sind, wiederherzustellen und zu vergrößern, um die Bedürfnisse des täglichen Bedarfs des Volkes zu befriedigen.

Art. 36. Über den Verkehr: Die Eisenbahnlinien und die Landstraßen sind beschleunigt wieder instandzusetzen und schrittweise auszubauen. Die Flußläufe sind auszubaggern, der Transport auf den Wasserwegen ist auszubauen. Das Post- und Telegrafenwesen ist zu verbessern und zu entwickeln. Alle Arten von Transportmitteln sind planmäßig und aufzubauen und eine zivile Luftfahrt ist zu schaffen.

Art. 37. Über den Handel: Aller legitime Handel, öffentlicher wie privater, ist zu schützen. Eine Kontrolle des Außenhandels ist durchzuführen und eine Politik des Schutzes des Handels zu befolgen. Im Rahmen des einheitlichen staatlichen Wirtschaftsplanes ist im Innern des Landes die Freiheit des Handels durchzuführen; jedoch ist der spekulative Handel, der den Markt stört, streng einzuschränken. Die staatlich betriebenen Handelsunternehmen tragen für das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, für die Stabilität der Preise und für die Unterstützung der genossenschaftlichen Unternehmen des Volkes die Verantwortung. Die Volksregierungen haben die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, Um das Volk zum Sparen anzuregen, die Überweisungen aus Übersee zu erleichtern und das sozial brach liegende Kapital sowie das für den staatlich geplanten Lebensunterhalt des Volkes nutzlose Handelskapital anzuregen, sich in Industrien und anderen produktiven Unternehmen zu betätigen.

Art. 38. Über das Genossenschaftswesen: Die breite Masse der arbeitenden Bevölkerung ist zu ermutigen und zu unterstützen, nach dem Prinzip der Selbsthilfe das Genossenschaftswesen zu entwickeln. In den Städten und auf dem Lande sind Verkaufsgenossenschaften, Konsumgenossenschaften, Kreditgenossenschaften, Produktionsgenossenschaften und Transportgenossenschaften zu bilden. In den Fabriken, Behörden und Schulen sind in erster Linie Konsumgenossenschaften zu bilden.

Art. 39. Über das Geldwesen: Geldwirtschaftliche Betriebe unterliegen der strengen Kontrolle des Staates. Das Recht der Ausgabe der Währung steht dem Staate zu. Der Umlauf fremder Währungen im Landesinneren ist verboten. Der An- und Verkauf von ausländischen Zahlungsanweisungen und Geldsorten sowie von Gold und Silber erfolgt durch die Staatsbank. Legal betriebene private Geldunternehmungen unterliegen der Kontrolle und den Weisungen des Staates. Wer sich in Geldspekulationen betätigt und die staatliche Geldwirtschaft stört, ist streng zu bestrafen.

Art. 40. Über das Finanzwesen: Es sind Voranschläge und Endabrechnungen für den Staatshaushalt aufzustellen. Die Zuständigkeitsbereiche der zentralen und örtlichen Finanzverwaltungen sind abzugrenzen. Sparsamkeit und Einschränkung sind zu üben. Schrittweise sind die Einnahmen und Ausgaben ins Gleichgewicht zu bringen, Für den Staat ist ein Produktionskapital anzusammeln.

Die staatliche Steuerpolitik dient dem Schutz des revolutionären Kampfes. Gemäß den Grundsätzen der Wiederherstellung und Entwicklung der Produktion und den Notwendigkeiten des Staatsaufbaus ist das Steuersystem zu vereinfachen und eine gleichmäßige Verteilung der Lasten vorzunehmen.

5. Kapitel: Kultur- und Erziehungspolitik

Art. 41. Die Kultur und die Erziehung in der Chinesischen Volksrepublik sind neudemokratisch, das heißt sie sind national, wissensdiaftlidi und für die breiten Massen bestimmt. Die kulturelle und Erziehungsarbeit der Volksregierungen hat als Hauptaufgaben, das kulturelle Niveau des Volkes zu erhöhen, die Kräfte für den Staatsaufbau heranzubilden, das feudalistische, kompradormäßige und faschistische Denken zu liquidieren sowie die Entwicklung des Gedankens des Dienstes am Volke zu entwickeln.

Art. 42. Die Liebe des Vaterlandes, des Volkes, der Arbeit, der Wissenschaft und des Schutzes des öffentlichen Vermögens sind als öffentliche Moral des gesamten Volkes zu fördern.

Art. 43. Es sind Anstrengungen zu machen, die Naturwissenschaften zu entwickeln, um so dem Aufbau der Industrie, der Landwirtschaft und der Landesverteidigung zu dienen. Wissenschaftliche Entdeckungen und Erfindungen sind zu belohnen und wissenschaftliche Kenntnisse sind im ganzen Volke zu verbreiten.

Art. 44. Das Studium und die Interpretation der Geschichte, Wirtschaft, Politik, Kultur und internationalen Beziehungen nach der wissenschaftlich-historischen Betrachtungsweise werden gefördert. Hervorragende sozialwissenschaftliche Werke werden belohnt.

Art. 45. Literatur und Kunst, die dem Volke dienen, werden gefördert. Das politische Gewissen des Volkes wird geweckt. Der Arbeitseifer des Volkes wird ermutigt. Hervorragende Werke der Literatur und Kunst werden belohnt. Theater- und Kinounternehmen werden entwickelt.

Art. 46. Die Erziehungsmethode in der Chinesischen Volksrepublik ist zugleich theoretisch und praktisch. Die Volksregierungen sollen planmäi3ig und schrittweise das alte Erziehungssystem nach Inhalt und Unterrichtsart im Sinne der Revolution umwandeln.

Art. 47. Die allgemeine Erziehung ist planmäßig und schrittweise durchzuführen und die mittlere und höhere Erziehung sind zu verstärken. Besondere Beachtung ist der technischen Erziehung zu widmen. Die Erziehung der Arbeitenden wahrend der Freizeit und im Beruf ist zu verstärken, und den Jugendlichen sowie den alten Intellektuellen ist eine revolutionärpolitische Erziehung zu geben, um so die großen Bedürfnisse für die revolutionäre Arbeit und den Staatsaufbau zu befriedigen,

Art. 48. Der Volkssport ist zu fördern, Medizinische und sanitäre Unternehmungen sind zu entwickeln. Dem Schutz der Gesundheit von Müttern, Neugeborenen und Jugendlichen ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Art. 49. Die Freiheit, genaue und wahre Nachrichten zu verbreiten, wird geschützt. Es ist verboten, durch das Mittel der Zeitungen Beleidigungen zu verbreiten, die Interessen von Staat und Volk zu schädigen oder zum Weltkrieg zu treiben. Es werden Radiounternehmen für das Volk entwickelt. Verlagsanstalten für das Volk werden ausgebaut und besondere Beachtung wird der Veröffentlichung von allgemeinverständlichen Büchern und Zeitungen, die dem Volk nützen, geschenkt.

6. Kapitel: Rassenpolitik

Art. 50. Alle Rassen innerhalb des Gebietes der Chinesischen Volksrepublik sind ohne Ausnahme gleich. Sie schließen sich zusammen und helfen sich gegenseitig. Sie wenden sich gegen die imperialistischen und die innerhalb der einzelnen Rassen vorhandenen öffentlichen Volksfeinde. Sie bilden in der Chinesischen Volksrepublik eine große Familie, in der die einzelnen Rassen freundschaftlich zusammenarbeiten. Der Pan-Rassismus und der »enge Rassismus« werden abgelehnt. Diskriminierungen zwischen den Rassen, Unterdrückungen sowie Separatismus in den Rassenverbänden sind verboten.

Art. 51. In Gebieten mit geschlossenen Siedlungen rassenmäßiger Minderheiten ist die regionale Selbstverwaltung der Rassen durchzuführen. Entsprechend der Zahl der Personen in der geschlossenen Siedlung und der Größe des Gebietes sind Selbstverwaltungsorgane für die einzelnen Rassen einzurichten. In Gebieten mit verstreuten Siedlungen einzelner Rassen und in Gebieten mit Rassen-Selbstverwaltung muß in den Regierungsorganen des betreffenden Gebietes jede einzelne Rasse gleichmäßig durch eine angemessene Zahl von Angehörigen vertreten sein.

Art. 52. Die rassenmäßigen Minderheiten innerhalb des Gebiets der Chinesischen Volksrepublik haben entsprechend dem System des einheitlichen Staatsheeres das Recht, in die Volksbefreiungsarmee einzutreten und örtliche Volkssicherheitstruppen zu bilden.

Art. 53. Alle rassenmäßigen Minderheiten haben ohne Unterschied die Freiheit, ihre Sprache und Schrift zu entwickeln, ihre Gewohnheiten und Bräuche sowie ihren religiösen Glauben beizubehalten oder zu revolutionieren. Die Volksregierungen haben die Bevölkerung jeder einzelnen rassischen Minderheit bei dem Aufbau ihrer Unternehmungen zur Entwicklung ihrer Politik, Wirtschaft, Kultur und Erziehung zu unterstützen.

7. Kapitel: Auswärtige Politik

Art. 54. Die Grundsätze der auswärtigen Politik der Chinesischen Volksrepublik sind: Vollkommener Schutz der Selbständigkeit, Freiheit und territorialen Souveränität des eigenen Landes; Aufrechterhaltung eines dauerhaften internationalen Friedens; freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Völkern aller Staaten; Widerstand gegen die imperialistische Politik der Aggression und des Krieges.

Art. 55. Die Zentrale Volksregierung der Chinesischen Volksrepublik soll alle Verträge und Abkommen, die die Kuomintang-Regierung mit ausländischen Regierungen abgeschlossen hat, prüfen und ihrem Inhalt entsprechend einzeln anerkennen, aufheben, ändern oder erneuern.

Art. 56. Die Zentrale Volksregierung der Chinesischen Volksrepublik kann mit jeder fremden Regierung, die die Beziehungen mit der reaktionären Richtung der Kuomintang abgebrochen hat und die der Chinesischen Volksrepublik eine freundschaftliche Haltung einnimmt, auf dem Boden der Gleichberechtigung, der Gegenseitigkeit der Interessen und der wechselseitigen Respektierung der territorialen Souveränität Besprechungen führen und diplomatische Beziehungen aufnehmen.

Art. 57. Die Chinesische Volksrepublik kann auf dem Boden der Gleichberechtigung und der Gegenseitigkeit der Interessen mit allen ausländischen Regierungen und Völkern die Handelsbeziehungen wiederherstellen und erweitern.

Art. 58. Die Zentrale Volksregierung der Chinesischen Volksrepublik hat mit aller Energie die gerechten Interessen und Rechte der im Ausland wohnenden Chinesen zu schützen.

Art. 59. Die Volksregierung der Chinesischen Volksrepublik gewährt den in China wohnenden Ausländern, die die Gesetze befolgen, Schutz.

Art. 60. Die Chinesische Volksrepublik gewährt solchen fremden Staatsangehörigen Aufenthaltsrecht, die auf chinesischen Boden fliehen, weil sie von ihrer eigenen Regierung darum unterdrückt werden, daß sie zum Schutze der Interessen des Volkes an einem Kampf für Frieden und Demokratie teilgenommen haben.

 


Quelle: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Band 13 (1951), S. 837
© 3. Februar 2006 - 4. Februar 2006
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