Gesetz, die Verfassung des Australischen Bundes betreffend
The Commonwealth of Australia Constitution Act
63&64 Vict. Ch. 12

bestätigt von Ihrer Majestät am Montag, dem 9. Juli 1900 (Royal Assent)
nachdem das House of Commons am 25. Juni 1900 und das House of Lords am 5. Juli 1900 das Gesetz angenommen hatten

Dieses Gesetz ist ein britisches Gesetz, das die Verfassung von Australien formal beschloss, nachdem die britischen Kolonien in Australien (ohne Westaustralien) sich darüber in langjährigen Verhandlungen geeinigt hatten.
Es wird auch als Einführungsgesetz zur Verfassung Australiens bezeichnet.

Dieses Gesetz gehört zum Verfassungsrecht Australiens, und unterliegt damit dem Verfahren des Art. 128 der Verfassung Australiens bei deren Änderung. Der größte Teil kann zwar als Übergangsbestimmung längst als gegenstandslos bezeichnet werden, aber der Art. 2 ist neben dem Art. 9, der die Verfassung selbst beinhaltet, von größter Wichtigkeit für die Feststellung der Person, die den Titel eines Königs oder einer Königin von Australien führen und die Rechte des Monarchen in Australien nach der Verfassung ausüben darf.

 

An Act to constitute the Commonwealth of Australia

 

Ein Gesetz zur Errichtung des Australischen Bundes

 

WHEREAS the people of New South Wales, Victoria, South Australia, Queensland, and Tasmania, humbly relying on the blessing of Almighty God, have agreed to unite in one indissoluble Federal Commonwealth under the Crown of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, and under the Constitution hereby established:

And whereas it is expedient to provide for the admission into the Commonwealth of other Australasian Colonies and possessions of the Queen:

Be it therefore enacted by the Queen’s most Excellent Majesty, by and with the advice and consent of the Lords Spiritual and Temporal, and Commons, in this present Parliament assembled, and by the authority of the same, as follows:

Wir, die Völker von Neu-Süd-Wales, Victoria, Süd-Australien, Queensland und Tasmanien, die wir demütig auf die Segnungen des Allmächtigen Gottes vertrauen, sind übereingekommen, uns in einem unauflösbaren Bundesstaat unter der Krone des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Irland und unter der hiermit erlassenen Verfassung zu vereinigen,

Und da es ratsam ist, für die Zulassung anderer australasischer Kolonien und Besitzungen der Königin in den Bund sorge zu tragen;


Zu diesem Zweck wird daher folgendes durch Ihre Erhabene Königliche Majestät mit dem Rat und der Zustimmung der geistlichen und weltlichen Mitglieder und der Gemeinen, die in dem gegenwärtigen Parlament (des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland) versammelt sind, und auf Grund von dessen Autorität, verordnet:

 

1. Short title. This Act may be cited as the Commonwealth of Australia Constitution Act.

 

1. [Kurztitel] Dieses Gesetz wird als Gesetz, die Verfassung des Australischen Bundes betreffend, bezeichnet.

 

2. Act to extend to the Queen’s successors. The provisions of this Act referring to the Queen shall extend to Her Majesty’s heirs and successors in the sovereignty of the United Kingdom.

 

2. [Ausdehnung der Bestimmungen auf die Nachfolger der Königin] Die Bestimmungen dieses Gesetzes hinsichtlich der Königin erstrecken sich auch auf Ihrer Majestät Erben und Nachfolger in der Regierung des Vereinigten Königreichs.

Dieser Artikel  ist so auszulegen, dass die Rechte, die der Königin aufgrund der Verfassung des Australischen Bundes zustehen, dem König oder der regierenden Königin des Vereinigten Königreichs automatisch zustehen.. Formal heißt das, dass nicht die "Königin von Australien" die Rechte aus dieser Verfassung inne hat, sondern die Königin des Vereinigten Königreichs. Das wiederum ist eine besonderer Art der Personalunion: das Staatsoberhaupt eines Staates wird vom anderen Staat als sein eigenes Staatsoberhaupt ipso jure anerkannt; dagegen ist die völkerrechtliche Personalunion dadurch gekennzeichnet, dass die Person des einen Staates identisch ist mit der Person des Staatsoberhauptes des anderen Staates, beides aufgrund staats- nicht völkerrechtlicher Bestimmungen.

Diese Regelung entspricht der älteren Regel aus Artikel 2 des Gesetzes, betreffend Britisch-Nordamerikas von 1867.

Dem zufolge gibt es in Australien, obwohl Australien eine Monarchie ist, weder ein Thronfolgerecht noch sonstige Bestimmungen, die Ausdruck eines monarchischen Staatsoberhauptes sind (Zivilliste, Regentschaft, besondere persönliche Rechte), so dass Großbritannien z. B. formal das Thronfolgerecht ohne Zustimmung Australiens (und der anderen "Commonwealth-Reiche" ändern kann (was aber politisch unmöglich ist).

Diese Auslegung wird von einigen Staatsrechtsprofessoren und australischen Politikern und Beamten bestritten, die z. B. bestreiten, dass das Gesetz über die Regentschaft von 1937 (Regency Act 1937) Teil des Gesetzesrechts in Australien ist (Streitsache von 1977 über den Royal Assent für ein Gesetz in Queensland, in der die Rechtmäßigkeit des Royal Assent, der nach dem Regency Act 1937 nicht von der Königin sondern ihren Vertretern ausgesprochen wurde, erfolgreich bestritten wurde). Die Auslegung nach den Buchstaben des Art. 2 jedoch ist eindeutig diejenige, dass, obwohl das Gesetz von 1937, das nach dem Inkrafttreten des Westminster-Statuts von 1931 erlassen wurde, doch auch in Australien Anwendung findet, da der Artikel 2 deutlich bezeichnet, dass "die Königin und ihre Erben und Nachfolger in der Regierung des Vereinigten Königreichs" die Rechte als Monarch in Australien genießen. Da das Gesetz über die Regentschaft die Regierung des Vereinigten Königreichs betrifft, und da der Regent "Nachfolger" in der Regierung des Vereinigten Königreiches" wäre, wäre der Regent im Vereinigten Königreich auch Regent im Australischen Bund.
   Sollte also z. B. die jetzt regierende Königin (des Vereinigten Königreichs wie auch Australiens) aufgrund ihres Alters die Aufgaben ihres Amtes nicht mehr erfüllen können, und Prinz Karl (Charles) als ihr unmittelbarer Nachfolger Regent nach dem Gesetz über die Regentschaft von 1937 werden, könnte er nicht die Aufgaben der Königin in Australien übernehmen, da hierfür nach australischer Auffassung die Rechtsgrundlage fehlt! Allerdings ist in Australien das Gemeine Recht (Common law) gültig und könnte so die gesetzliche Grundlage ersetzen; so würde wohl nach diesem ebenfalls Prinz Karl mit der Vormundschaft betraut, so dass er die Rechte der Königin in Australien versehen könnte.
 
Weitere theoretische Frage ist auch, was formalrechtlich aufgrund der fortgeltenden Bestimmung des Art. 2 geschehen würde, wenn Großbritannien die Monarchie abschaffen würde und "Nachfolger in der Regierung des Vereinigten Königreichs " nicht ein erblicher König sondern ein gewähltes Staatsoberhaupt ist. Dann müsste das gewählte Staatsoberhaupt des Vereinigten Königreichs auch Staatsoberhaupt von Australien bleiben; ein Verzicht wäre hier unerheblich, so lange die Bestimmung des Art. 2 in Kraft wäre.

Auch wenn diese Bestimmung heute noch geltendes Recht in Australien ist, wurde durch das britische "Reichs-"Gesetz über Regelungen zur Änderung der Königlichen Titel vom 26. März 1953 (Royal Style and Titles Act 1&2 Eliz. 2 c. 9) die Möglichkeit geschaffen, in den anderen Reichen der Königin deren Titel zu ändern. So wurde in Australien durch das Gesetz über die Königlichen Titel vom 3. April 1953 (Royal Style and Titles Act No. 32 of 1953) in Australien wie folgt festgestellt: "Ihre Majestät, von Gottes Gnaden Königin des Vereinigten Königreichs, Australien und Ihrer anderer Reiche und Territorien, Haupt des Commomwealth, Beschützerin des Glaubens" und  durch das Gesetz über die Königlichen Titel vom 14. September 1973 (Royal Style and Titles Act No. 114 of 1973) in Australien wie folgt festgestellt: "Ihre Majestät, von Gottes Gnaden Königin von Australien und Ihrer anderer Reiche und Territorien, Haupt des Commonwealth". Ungeachtet dessen ist es die Königin des Vereinigten Königreiches, die unter dem Titel Königin von Australien in und für Australien tätig wird.

 

3. Proclamation of Commonwealth. It shall be lawful for the Queen, with the advice of the Privy Council, to declare by proclamation2 that, on and after a day therein appointed, not being later than one year after the passing of this Act, the people of New South Wales, Victoria, South Australia, Queensland, and Tasmania, and also, if Her Majesty is satisfied that the people of Western Australia have agreed thereto, of Western Australia, shall be united in a Federal Commonwealth under the name of the Commonwealth of Australia. But the Queen may, at any time after the proclamation, appoint a Governor-General for the Commonwealth.

 

§ 3. [Proklamation des Bundes] Die Königin hat das Recht, mit Zustimmung des Geheimen Rates durch Proklamation zu erklären, daß an dem darin festgesetzten Tage, jedoch nicht später als ein Jahr nach Erlaß dieses Gesetzes, die Völker von Neu-Süd-Wales, Victoria, Süd-Australien, Queensland und Tasmanien - sowie auch, wenn es Ihrer Majestät gefällt und das Volk von West-Australien seine Zustimmung hierzu gegeben hat, das Volk von West-Australien - in einem Bundesstaat unter dem Namen Australischer Bund vereinigt wird. Die Königin kann jederzeit nach Erlaß der Proklamation einen Generalgouverneur für den Bund ernennen.

siehe hierzu die kgl. Proklamation vom 17. September 1900, der den Tag der Errichtung des Australischen Bundes auf den 1. Januar 1901 festsetzte.

gegenstandslose Übergangsbestimmung.

 

4. Commencement of Act. The Commonwealth shall be established, and the Constitution of the Commonwealth shall take effect, on and after the day so appointed. But the Parliaments of the several colonies may at any time after the passing of this Act make any such laws, to come into operation on the day so appointed, as they might have made if the Constitution had taken effect at the passing of this Act.

 

4. [Inkrafttreten des Gesetzes] An dem so bestimmten Tage gilt der Bund als errichtet und tritt die Verfassung des Bundes in Kraft. Die Parlamente der verschiedenen Kolonien können jedoch jederzeit nach Erlaß dieses Gesetzes vorschreiben, daß Gesetze an dem so bestimmten Tage in Kraft treten, die sie hätten erlassen können, wenn die Verfassung bereits beim Erlaß dieses Gesetzes in Kraft getreten wäre.

gegenstandslose Übergangsbestimmung; Tag des Inkrafttretens war der 1. Januar 1901.

 

5. Operation of the Constitution and laws. This Act, and all laws made by the Parliament of the Commonwealth under the Constitution, shall be binding on the courts, judges, and people of every State and of every part of the Commonwealth, notwithstanding anything in the laws of any State; and the laws of the Commonwealth shall be in force on all British ships, the Queen’s ships of war excepted, whose first port of clearance and whose port of destination are in the Commonwealth.

 

5. [Wirkung der Verfassung und der Gesetze] Dieses Gesetz und alle Gesetze, die durch das Parlament des Bundes auf Grund der Verfassung erlassen werden, binden die Gerichte, die Richter und die Bevölkerung jedes Staates und jedes Teils des Bundes ohne Rücksicht auf irgendwelche Vorschriften in den Gesetzen eines Staates; die Gesetze des Bundes gelten auf allen britischen Schiffen, deren erster Zollabfertigungshafen und deren Bestimmungshaben innerhalb des Gebiets des Bundes liegen, ausgenommen die Kriegsschiffe der Königin.

siehe hierzu  das Gesetz über die Bestätigung des Westminster-Statuts von 1942, das auch die außerterritoriale Wirkung australischer Gesetze zuließ.

Das Recht, das vor dem 1. Januar 1901 in den 6 Kolonien in Geltung war sowie die (britischen) Reichsgesetze, die auch auf die Kolonien angewendet wurden, sind ebenfalls Teil des Rechts Australiens, obwohl dieses britische Recht nach 112 Jahren Australischer Bund nur noch selten in australischen Rechtsquellen zu finden sind.

 

6. Definitions. "The Commonwealth" shall mean the Commonwealth of Australia as established under this Act.

"The States" shall mean such of the colonies of New South Wales, New Zealand, Queensland, Tasmania, Victoria, Western Australia, and South Australia, including the northern territory of South Australia, as for the time being are parts of the Commonwealth, and such colonies or territories as may be admitted into or established by the Commonwealth as States; and each of such parts of the Commonwealth shall be called "a State".

Original States shall mean such States as are parts of the Commonwealth at its establishment.

 

6. [Definitionen] Die Bezeichnung "Bund" bedeutet den durch dieses Gesetz errichteten Australischen Bund.

Die Bezeichnung "Staaten" bedeutet die Kolonien Neu-Süd-Wales, Neu-Seeland, Queensland, Tasmanien, Viktoria, West-Australien und Süd-Australien einschließlich des Nordterritoriums von Süd-Australien, die zur Zeit Teile des Bundes sind, und ferner die Kolonien oder Territorien, die durch den Bund als Staaten zugelassen oder errichtet werden; alle derartigen Teile des Bundes werden als "Staat" bezeichnet.

"Originalstaaten" sind die Staaten, die bereits bei der Errichtung des Bundes Teile desselben waren.

 

7. Repeal of Federal Council Act. The Federal Council of Australasia Act, 1885, is hereby repealed, but so as not to affect any laws passed by the Federal Council of Australasia and in force at the establishment of the Commonwealth.
 

Any such law may be repealed4 as to any State by the Parliament of the Commonwealth, or as to any colony not being a State by the Parliament thereof.

 

§ 7. [Aufhebung des Gesetzes betr. den Bundesrat] Das Gesetz betreffend den Australasischen Bundesrates von 1885 wird hiermit aufgehoben; hierdurch werden jedoch keine Gesetze, die durch den Australasischen Bundesrat erlassen und bei der Errichtung des Bundes in Kraft sind, berührt.

Solche Gesetze können durch das Parlament des Bundes mit Wirkung für einen Staat aufgehoben werden oder mit Wirkung für eine Kolonie, die nicht Staat ist, durch dessen Parlament.

gegenstandslose Übergangsbestimmung.

 

8. Application of Colonial Boundaries Act. After the passing of this Act the Colonial Boundaries Act, 1895, shall not apply to any colony which becomes a State of the Commonwealth; but the Commonwealth shall be taken to be a self-governing colony for the purposes of that Act.

see to Act 58&59 Vict. Ch. 34;
gegenstandslose Übergangsbestimmung

 

8. [Zusatz zum Gesetz betr. die Grenzen der Kolonien] Nach Erlaß dieses Gesetzes findet das Gesetz betreffend die Grenzen der Kolonien von 1895 keine Anwendung mehr auf Kolonien, die Staaten des Bundes werden; der Bund jedoch wird für die Zwecke des genannten Gesetzes als eine Kolonie mit Selbstregierung betrachtet.

gegenstandslose Übergangsbestimmung

 

9. Constitution. The Constitution of the Commonwealth shall be as follows:

The Constitution

This Constitution is divided as follows:

Chapter I    – The Parliament
Part I    – General
Part II   – The Senate
Part III – The House of Representatives
Part IV – Both Houses of the Parliament
Part V  – Powers of the Parliament
Chapter II – The Executive Government
Chapter III – The Judicature
Chapter IV – Finance and Trade
Chapter V – The States
Chapter VI – New States
Chapter VII – Miscellaneous
Chapter VIII – Alteration of the Constitution
The Schedule

 

9. [Verfassung] Die Verfassung des Bundes hat folgenden Wortlaut:

Die Verfassung

Diese Verfassung gliedert sich wie folgt:

Kapitel I – Das Parlament
Teil I – Allgemeines
Teil II – Der Senate
Teil III – Das Repräsentantenhaus
Teil IV – Beide Häuser des Parlaments
Teil V  – Befugnisse des Parlaments
Kapitel II – Die vollziehende Gewalt
Kapitel III – Die richterliche Gewalt
Kapitel IV – Finanzen und Handel
Kapitel V – Die Staaten
Kapitel VI – Neue Staaten
Kapitel VII – Verschiedenes
Kapitel VIII – Änderung der Verfassung
Der Anhang.

 

 

Im Jahr 1900 wurde, nach 1867 in Kanada, eine weitere selbst verwaltende Kolonie als Bundesstaat (Dominion) errichtet. Diese war, ähnlich wie 1999 die Selbstverwaltung für Schottland, als Devolution gedacht, das heißt: Die Staatsgewalt des Vereinigten Königreichs war weiterhin in London mit Krone und Parlament ungeteilt, für Australien wurde jedoch ein eigener Wirkungskreis geschaffen, in der die zusammengeschlossene Kolonie quasi unabhängig in ihrem Wirkungskreis agieren konnten. Erst 1931 wurden die Dominions durch das Westminster-Statut zu unabhängigen, völkerrechtlich souveränen Staaten erhoben,


Quelle: http://www.comlaw.gov.au/Details/C2005Q00193/0332ed71-e2d9-4451-b6d1-33ec4b570e9f
http://foundingdocs.gov.au/item-sdid-82.html
Dr. Doerkes-Boppard, Verfassungsgeschichte der Australischen Kolonien und des Commonwealth of Australia, Oldenbovrg 1903
Verfassungsurkunden von Staatenverbindungen, AA 1953

© 14. März 2012 - 22. März 2012
Home              Zurück              Top